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  • Die Franziskanerin Gloria Narváez Argoti (57), (Mitte) entführt 2017 in Karangasso, Mali. Rechts sieht man ihren leiblichen Bruder Edgar Narváez. Das Foto ist undatiert und wurde in Kolumbien aufgenommen. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Die Franziskanerin Gloria Narváez Argoti (57), entführt 2017 in Karangasso, Mali. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)

Die letzte Botschaft der seit 2017 in Mali gefangen gehaltenen Schwester Gloria an ihre Familie: „Betet viel für mich ...“

Die Franziskanerin Gloria Narvaez Argoti (57), die 2017 in Karangasso, Mali entführt wurde, hat über das Internationale Rote Kreuz an ihren Bruder Edgar Narvaez Argoti eine Nachricht geschickt. Die dem Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» vorliegende, elfzeilige Notiz vom 3. Februar trägt ihre eigene Handschrift. Sie wurde mit blauer Kugelschreibertinte und in Grossbuchstaben auf Spanisch geschrieben. Die Familie bekam es in Mai.

„Einen geschwisterlichen Gruss. Möge der liebe Gott Euch segnen und Gesundheit schenken. Ich wurde vor vier Jahren entführt. Jetzt bin ich in einer neuen Gruppe“, schreibt sie. Schwester Gloria benennt die Terrorgruppe, die sie gefangen hält, als GSIM (Groupe de soutien à l'islam et aux musulmans).
Es handelt sich allem Anschein nach um die „Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime“, ein mit Al-Qaida zusammenhängendes, dschihadistisches Sahel-Bündnis. In der Notiz bittet Schwester Gloria um die Gebete aller, um ihre ersehnte Freiheit zu erlangen. „Betet viel für mich. Möge Gott Euch segnen. Ich hoffe, Gott wird mir helfen, die Freiheit zu erlangen. In geschwisterlicher Verbundenheit, Gloria.“

Tod der Mutter
Die Notiz richtet sich an ihren Bruder Edgar Narvaez, einen Lehrer in Pasto, der Heimatstadt der kolumbianischen Schwester. In einem Interview mit dem Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» Kolumbien erinnert Edgar daran, dass er in seinem ersten Brief an seine Schwester vom Tod der Mutter erzählte: Rosita Argoti de Narvaez starb im September 2020 im Alter von 87 Jahren, weil sie „die Traurigkeit und Verzweiflung nicht ertragen konnte“. Ihre Schwester antwortete Monate später: „Sie schickte Grüsse an die Familie. Sie sagte, sie sei bei guter Gesundheit, und bat uns darum, uns bei den kolumbianischen Regierungsbehörden dafür einzusetzen, dass diese Schritte unternähmen, damit sie freigelassen werden und nach Kolumbien zurückkehren könne.“

Das Leben in Gefangenschaft
Zum Gesundheitszustand seiner Schwester sagt Narvaez aufgrund der letzten, über das Rote Kreuz übermittelten Informationen, es gehe ihr gut, obwohl die Freilassung der französischen Ärztin Sophie Petronin im Oktober sie sehr getroffen habe. Mit der Ärztin habe sie die Gefangenschaft geteilt: „Die Trennung hat meiner Schwester psychisch und geistig zugesetzt, denn sie waren vier Jahre lang befreundet.  Sie verstanden sich sehr gut und wurden enge Freundinnen ...“
Laut Narvaez verbrachten die beiden Frauen die meiste Zeit im Lager der Dschihadisten zusammen: „Sie waren vier Jahre lang zusammen. Sie lebten zusammen, assen zusammen, schliefen im selben Zelt. Zwar wurden sie bewacht, aber sie genossen eine gewisse Freiheit. Sie konnten teilweise sogar aus dem Zelt hinausgehen und die Sterne, die Kieselsteine und die vorbeiziehenden Tiere zählen, um die Zeit totzuschlagen, weil sie nichts zu tun hatten. Sie bekamen Frühstück, Mittag- und Abendessen. Sie verfügten über Arzneimittel, dort war auch ein Arzt. Sie wurden gut behandelt, weil sie Frauen waren. Sie wurden auch wegen des Habits meiner Schwester respektiert“.
Nach Petronins Freilassung „wurde Gloria zu einer Gruppe mit dem Namen ‚Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime’ an einen abgelegenen Ort verlegt. Nach und nach erholte sie sich geistig. Jetzt geht es ihr gut“, erzählt Edgar Narvaez weiter. „Sie ist körperlich erschöpft, sehr dünn. Ihr Gesicht ist von der Sonne, vom Klima der Region Mali gegerbt, aber Gott sei Dank ist sie gesund. Sie ist sehr stark.“

Einsatz ohne Rettung
Eine zu ihrer Rettung nach Afrika entsandte internationale Mission unter kolumbianischer Führung musste allerdings Anfang Juni den Einsatz abbrechen. „Sie fuhren im März dorthin und kehrten nach drei Monaten zurück, obwohl vorgesehen war, dort bis August 2021 zu bleiben“, berichtete Narvaez «Kirche in Not (ACN)». Die Rettungsmission wurde aufgrund der Verschlechterung der Lage nach dem Staatsstreich in Mali abgebrochen. Edgar Narvaez gestand «Kirche in Not (ACN)», dass er durch diese Nachricht „ein wenig traurig und beunruhigt“ sei, „weil die kolumbianische Gruppe, die meine Schwester suchen wollte, zurückgekehrt ist. Sie ist nun allein. Aber hoffentlich können sie bald nach Mali zurückkehren”.
Sein grösster Wunsch ist es, ihre Freilassung zu erreichen: „Das ist es, was wir alle wollen. Das ist es, was meine Mutter wollte: sie in Freiheit sehen und im Frieden sterben. Leider war es ihr nicht vergönnt ...“