Skip to navigation (Press Enter) Skip to main content (Press Enter)
  • Frau beim Gebet im Heiligtum von Muyaga. Das Heiligtum zieht Tausende von Menschen aus dem ganzen Land an. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Maxime Francois-Marsal (Leiter der ACN-Sektion Afrika I) mit den Marienschwestern von Schönstatt, Diözese Muying. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Maxime Francois-Marsal (Abteilungsleiter von ACN Afrika) auf der linken Seite, Abbé Jean Chrysostome ist der Kanzler, Monseigneur Protais ist der Generalvikar. Vor dem Radiosender Voice of Reconciliation. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Heiligtum der Märtyrer der Bruderschaft in Buta, wo 40 Seminaristen begraben wurden. Gräber der minderjährigen Priesteramtskandidaten. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Eine Gebetsgruppe in der Gemeinde von Rusengo. Die Menschen in Burundi sind sehr gläubig. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • In der Pfarrei St. Sakrament wurde die Trommel offiziell in die Liturgie eingeführt. Zuvor konnte sie für den König verwendet werden. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • 1160 Erstkommunionen in der Pfarrei von Makamba. Die Pfarrei wird voraussichtlich Sitz einer neuen Diözese werden. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)

Die Kirche in Burundi: Eine Mission der Versöhnung und des Friedens

Maxime François-Marsal, Leiter der «Kirche in Not (ACN)»-Sektion für französischsprachige Länder in Zentralafrika, kehrte vor Kurzem von einer Reise in die Republik Burundi zurück, ein kleines ostafrikanisches Land, das im Norden an Ruanda, im Westen an die Demokratische Republik Kongo und im Süden und Osten an Tansania angrenzt. In einem Interview spricht Maxime François-Marsal über die Situation im Land und darüber, welchen Beitrag «Kirche in Not (ACN)» zur Entwicklung der Kirche geleistet hat.

Wie würden Sie Burundi beschreiben?
Burundi ist ein Binnenstaat und liegt in der Region der Grossen Seen. Seit mindestens 500 Jahren leben die Völker der Twa, Hutu und Tutsi zusammen auf dem Gebiet des heutigen Burundi. Die ethnischen Gruppen sind nicht klar voneinander abgrenzbar, denn sie sprechen dieselbe Sprache, haben dieselbe Religion und ähnliche Sitten und Bräuche. Burundi hat jedoch eine sehr leidvolle Geschichte voller Massaker, Morde, sozialer Konflikte und Gewalt und ist davon geprägt.

Wie ist die religiöse Situation in Burundi?
Religiosität ist in der burundischen Gesellschaft sehr stark ausgeprägt und die Religionsfreiheit wird in diesem Land generell respektiert. Christen machen über 90 Prozent der Bevölkerung aus, mit steigender Tendenz. Dennoch hat der christliche Glaube im Land keine tief reichenden Wurzeln. So sind in Burundi zwar zahlreiche neue religiöse Bewegungen entstanden, doch diesen Gemeinschaften mangelt es oft ganz allgemein an Kenntnissen über das religiöse Leben und über den christlichen Glauben. Das ist eine Herausforderung. Die Bevölkerung ist erst vor knapp 125 Jahren bekehrt worden, daher hat sie den christlichen Glauben noch nicht tiefgreifend verinnerlicht und fusst auf Sitten und Gebräuchen, die sich von den indigenen Religionen ableiten.

Was ist Ihnen an diesen religiösen Traditionen aufgefallen?
Burundi ist noch stark seinen kulturellen Wurzeln verhaftet. Beispielsweise fürchten die Menschen bis heute die Toten, denn sie glauben, deren Seele könne das Dasein der Lebenden beeinflussen. Auch der rituelle Tanz mit der Königstrommel, Burundis berühmte Trommeltradition, die in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen worden ist und Fruchtbarkeit, Erneuerung und Respekt für die Monarchie symbolisiert, wird in der Liturgie eingesetzt. Zudem ist das Trommeln in Burundi ein Symbol der Würdigung, daher ist es nicht ungewöhnlich, dass Tabernakel auf Trommeln gestellt werden. Auch als der Präsident von Burundi den Heiligen Stuhl besuchte, war sein Geschenk an den Papst eine Trommel.

Wie leben die Christen ihre Religion?
Die Menschen kommen gern in kleinen christlichen Gruppen zusammen, um zu beten und sich gegenseitig zu helfen. Im Lauf der Zeit wachsen die Gebetsgruppen und werden zu einer grösseren Gemeinschaft, die beschliesst, dass sie einen Ort für den Gottesdienst braucht; daraufhin bauen die Miglieder eine Kirche – mit eigenen Händen. Bei meiner Burundireise habe ich solch eine Kirche besucht, die von den Gläubigen eigenhändig erbaut worden war. Obwohl Burundi eins der ärmsten Länder der Welt ist, in dem über 80 Prozent der Bevölkerung in Armut leben, sind die Menschen dort sehr grosszügig, kirchlich engagiert und wollen gern religiöse Erfahrungen machen, die ihr tägliches Leben verändern.

Was alles umfasst die Mission der katholischen Kirche in Burundi?
Zwei Drittel der Christen in Burundi bezeichnen sich als katholisch. Burundi ist in acht Diözesen gegliedert, von denen zwei vakant sind. Es gibt vier Grossseminare im Land, ein weiteres wird gerade in der Diözese Bubanza mit der Hilfe von «Kirche in Not (ACN)» aufgebaut. Seit einigen Jahren ist in Burundi ein Höchststand bei den Berufungen zum geweihten Leben und zum Priestertum zu verzeichnen. Es gibt eine grosse Anzahl an Bewerbungen für das Priesterseminar und sie steigt von Jahr zu Jahr. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage können die Seminare jedoch nicht in alle Kandidaten aufnehmen, darum ist die Zahl neuer Bewerber auf dreizehn begrenzt. Mehrere Frauenkongregationen wirken erfolgreich in Burundi. Die erste weibliche Ordensgemeinschaft, die der Schwestern Bene Tereziya, ist schon eine Kongregation päpstlichen Rechts geworden. Die Schönstätter Marienschwestern und die Schönstatt-Patres arbeiten seit den sechziger Jahren in Burundi. Sie alle stärken die Bildung von Kindern und Jugendlichen, lehren die Grundlagen des Katechismus, organisieren sportliche und kulturelle Aktivitäten und führen einen echten Wandel in der Gesellschaft herbei.

Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen in Burundi auf pastoraler Ebene?
Seit der Unabhängigkeit Burundis im Jahr 1962 kam es zu drei Genoziden infolge gewaltsamer Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen der Hutu und Tutsi. Der Präsident der Republik Burundi, Évariste Ndayishimiye, hat im März 2022 bei seinem Besuch bei Papst Franziskus im Vatikan bestätigt, dass die Katholische Kirche eine wichtige Rolle im Friedensprozess und bei der Versöhnung des burundischen Volkes gespielt hat und dass diese Bemühungen Früchte getragen und zu einem fragilen Frieden geführt haben. Was die Religionsfreiheit anbelangt, sind die Aussichten zwar weiterhin unverändert, aber innere Spannungen und die äusseren Umstände drohen die Menschenrechte insgesamt zu beeinträchtigen. Besondere Aufmerksamkeit muss daher insbesondere dem Prozess der Erziehung und Ausbildung derjenigen gewidmet werden, die später das kirchliche Leben und die Entwicklung des Landes aktiv gestalten werden.

Welchen Beitrag leistet «Kirche in Not (ACN)» zum Leben des Landes?
Im Lauf der letzten zehn Jahre war «Kirche in Not (ACN)» an über 200 Projekten in Burundi beteiligt, mit besonderem Fokus auf der Ausbildung von Priestern, Ordensschwestern und der Schulung von Katecheten ebenso wie der Unterstützung verschiedener pastoraler Aktivitäten. Dieses Engagement wird auch in Zukunft fortgesetzt. Es besteht jedoch die zunehmende Gefahr, dass es aus politischen Gründen zu Gewalt im Land kommt. In Burundi herrscht überall ein Klima des Misstrauens, sogar unter Freunden und bei Familien. Mir wurde gesagt, dass die Menschen niemals Freunde zu sich nach Hause einladen, weil sie fürchten, dass diese dann ihr Haus kennen und Jagd auf sie machen könnten, wenn der nächste Bürgerkrieg ausbricht. Aus diesem Grund unterstützt «Kirche in Not (ACN)» Projekte zur Förderung und zum Schutz katholischer Familien. Unser Vorgehen zielt darauf ab, die Frohe Botschaft im Herzen der Menschen zu verankern, damit sie der Versuchung der Gewalt widerstehen können.