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  • Ein Plakat mit Papst Franziskus und Grossayatollah al Sistani (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Lucia Wicki-Rensch, Head of Communication bei «Kirche in Not (ACN)» Schweiz/Liechtenstein während der Projektreise im Irak im Herbst 2018 (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Lucia Wicki-Rensch vor einer zerstörten Kirche im Irak (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Papst Franziskus in Karakosch, Irak (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)

Irak: Lucia Wicki-Rensch zieht ein Fazit zur Reise des Papstes

Papst Franziskus besuchte als erster Papst den Irak. Die irakischen Christen durchlebten in den vergangenen Jahren eine sehr schwierige Zeit. Ihre Anzahl ging von über einer Million auf heute noch rund 250 000 zurück. Lucia Wicki-Rensch, Informationsbeauftragte des Hilfswerks «Kirche in Not (ACN)» Schweiz/Liechtenstein zieht Bilanz über die Papstreise und wagt einen Ausblick zur Zukunft der Christen im Land.

Radiointerview von Lucia Wicki-Rensch bei Radio Maria (11.03.2021)

Lucia Wicki-Rensch ordnet die Reise des Papstes im Hinblick auf die Unterstützung des Hilfswerks in der Vergangenheit und Zukunft ein. Sie reiste vor 2.5 Jahren selbst in den Irak, um sich mit eigenen Augen ein Bild über die dramatische Situation vor Ort zu machen. Sie besuchte wie auch Papst Franziskus die Ninive-Ebene und die Städte Mossul und Erbil. Lucia Wicki-Rensch lernte die irakischen Christen zu bewundern: «Es ist kaum zu glauben, wie die Menschen nach den schrecklichen Erfahrungen mit dem IS in ihre Dörfer zurückgekehrt sind. Aber es zeigt mir ihr Vertrauen auf Gott und ihre Verbundenheit mit dieser für alle Christen so bedeutungsvollen Region!»

«Kirche in Not (ACN)» war beim Papstbesuch dabei
Regina Lynch, Projektdirektorin von «Kirche in Not (ACN)» international in D-Königstein und Mitglied der R.O.A.C.O. (Riunione delle Opere di Aiuto alle Chiese Orientali), wurde vom Papst eingeladen, sich seiner Reisegruppe anzuschliessen. Es war für sie selbst, aber auch für das ganze Hilfswerk, eine grosse Ehre, dass sie als eine von 50 ausgewählten Gästen bei der Reisedelegation dabei sein durfte. Der Grund hierfür dürfte auch die grosse Bedeutung von «Kirche in Not (ACN)» für die Christen im Irak sein. Das Hilfswerk unterstützte die Christen seit Sommer 2014 im Umfang von über CHF 53 Millionen. War es nach dem Einmarsch des IS zunächst Nothilfe für die rund 120 000 geflüchteten Christen, so steht nach der Vertreibung der Terroristen der Wiederaufbau der christlichen Häuser, Pfarreien und Kirchen im Vordergrund. Regina Lynch konnte sich während der Reise bei einem Gespräch mit Papst Franziskus selbst davon überzeugen, wie sehr er die Tätigkeit des Hilfswerks im Irak schätzt.

Ein vereintes Volk
Papst Franziskus war es ein grosses Anliegen, die in den letzten Jahren entstandenen Gräben entlang der verschiedenen Volksgruppen im Irak zu schliessen. Er betonte immer wieder die Brüderlichkeit aller Menschen unabhängig ihrer Religionszugehörigkeit: „Eine Botschaft der Geschwisterlichkeit haben wir auch von Mossul und von Karakosch aus lanciert. Die Besetzung durch den IS hat Abertausende Einwohner in die Flucht geschlagen, darunter viele Christen verschiedener Konfessionen und andere verfolgte Minderheiten, insbesondere Jesiden. Die alte Identität dieser Städte wurde zerstört. Jetzt kämpfen sie um den Wiederaufbau; die Muslime laden die Christen zur Rückkehr ein, und gemeinsam bauen sie Kirchen und Moscheen wieder auf.“

Papst Franziskus traf Grossajatollah Ali al Sistani
Am Morgen des 6. März 2021 kam es in der heiligen Stadt Nadschaf zur Begegnung von Papst Franziskus mit dem 90jährigen schiitischen Grossajatollah Ali al Sistani, dem bedeutendsten schiitischen Geistlichen im Irak, wo die Schiiten 70% der Bevölkerung ausmachen. Ali al Sistani hat ein ganz anderes Staatsverständnis als die Schiiten im Nachbarstaat Iran. Er spricht sich gegen eine islamische Regierung aus und sieht das iranische Modell als gescheitert an.
Offiziell handelte es sich um eine private Höflichkeitsvisite des Gastes aus dem Vatikan bei al Sistani. Nach dem Treffen der Geistlichen erklärte Iraks Ministerpräsident den 6. März zum Feiertag. Er solle zum Nationalen Tag der Toleranz und Koexistenz werden, teilte Mustafa al Kasimi mit.
Der Grossajatollah sprach mit dem Papst über Unterdrückung, Armut und Verfolgung vieler Völker im Nahen Osten und auch über die Lage der Palästinenser. Der geistliche Führer der irakischen Schiiten versicherte dem Papst, dass er sich in Zukunft dafür einsetzen werde, „dass die christlichen Bürger wie alle Iraker in Frieden und Sicherheit leben können, mit all ihren verfassungsmässigen Rechten“.

Fazit der Papstreise
Der Besuch des Papstes im Irak schenkte den irakischen Christen Hoffnung und Zuversicht auf eine Zukunft im Land. Die Situation im Land dürfte dennoch herausfordernd bleiben, da das Land auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen ist. Die junge irakische Bevölkerung sieht sich grossen wirtschaftlichen Herausforderungen ausgesetzt, eine hohe Arbeitslosenquote zeugt davon – auch unter Christen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Projekte unterstützt werden, die eine bessere Zukunft verheissen. «Kirche in Not (ACN)» kündigte schon vor dem Papstbesuch an, in den kommenden vier Jahren für insgesamt CHF  1,7 Millionen Stipendien an 150 Studenten der Katholischen Universität von Erbil zu entrichten. Lucia Wicki-Rensch zeigt sich darüber erfreut: «Gerade jetzt ist es wichtig, die positiven Impulse der Papstreise auszunutzen, um den irakischen Christen langfristige Perspektiven aufzuzeigen. Für die erfahrene Solidarität hier in der Schweiz gegenüber den irakischen Christen bin ich allen Unterstützern dankbar!»