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  • Erzbischof Dieudonné Nzapalainga segnet einen älteren Mann (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Erzbischof Dieudonné Nzapalainga (aus Bangui) und ein Priester mit Menschen. Bilder von der Projektreise mit Christine du Coudray, Marta Garcia Campos (ACN Spanien) und Caroline van Pradelles (ACN Frankreich). (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Besuch von Kardinal Dieudonné Nzapalainga (Erzbischof der Diözese Bangui in der Zentralafrikanischen Republik) bei ACN International in Königstein am 21.02.2023 (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)

Zentralafrika: Das Leiden muss bekämpft werden

Wie soll sich ein Christ angesichts des Leidens gegenüber bedürftigen Brüdern und Schwestern verhalten? Darüber sprach Kardinal Dieudonné Nzapalainga aus der Diözese von Bangui mit «Kirche in Not (ACN)». Er berichtete am internationalen Hauptsitz des Hilfswerks in Deutschland ebenfalls über seine Erfahrungen bei der Synode die vergangenen Oktober in Rom stattgefunden hat.

In Zentralafrika werden Sie mit enorm viel Leid konfrontiert. Man bekommt das Gefühl, dass die Welt im Leiden versinkt. Was kann man tun, um sich nicht von diesem Strudel an schlechten Nachrichten hinunterziehen zu lassen?
Als Christ muss ich anders zuhören und die Dinge mit anderen Augen sehen. Ich sehe die Dinge durch das Licht der Hoffnung. Dort, wo die Menschen sagen „Es gibt keine Hoffnung mehr“, muss der Christ sagen „Es gibt immer Hoffnung“. Man darf sich nicht durch die täglichen schlechten Nachrichten zerstören lassen, man darf sich nicht davon versklaven lassen. Christus hat das Böse besiegt! Es geht nicht darum, die Realität zu negieren, sondern sie mit den Augen des Glaubens zu betrachten: Es ist eine neue Geburt im Gange, auf der anderen Seite dämmert ein neuer Morgen. Darauf muss ein Christ, der durch dieses Tal der Prüfungen geht, seinen Blick lenken. Man kann mir sagen: „Du bist verrückt!“. Aber wenn ich angesichts der Absurdität des Leidens und des Bösen nicht über genau diese Kraft verfüge, dann wird die Welle mich fortreissen, dann werde ich, so wie alle anderen, weinen. Christus sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!“ (Mt 11, 28). Oftmals wollen wir unsere Probleme alleine tragen. Doch wir müssen sie im Gebet vor Gott hinlegen. Unsere Schultern sind nicht stark genug.

Es besteht dabei auch die Gefahr, gegenüber so viel Leiden gleichgültig zu werden, den Blick abzuwenden…
Ja, wir müssen darauf achten, dass unser Gewissen nicht betäubt wird. Das Leiden muss bekämpft werden. Sonst werden wir Christen fade. Dabei sollen wir doch das Salz der Erde sein. Christus stellte sich auf eine Ebene mit denen, die klein und vernachlässigt sind. Er kam für die Armen zu. Zum Beweis: Er wurde nicht in einem Viersternehotel oder in einem edlen Krankenhaus geboren! Wenn ich meine Türen vor einem armen Mitbruder, einem Migranten verschliesse, so muss ich mich fragen: Bin ich überhaupt noch ein Christ? Christus hat gesagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25, 40).

Als Christen müssen wir unser Herz und unser Gewissen sprechen lassen. „Was hast du deinem Bruder angetan?“ (vgl. Gen 4, 10). Durch deine Taufe bist du verantwortlich für deinen Bruder! Versteck dich nicht.

Sie haben an der Bischofssynode teilgenommen, die im Vatikan vom 4. bis 29. Oktober stattfand und die universale Phase dieser Synode über die Synodalität kennzeichnete. Wurde dort über die verfolgten Christen gesprochen?
Ja, wir haben darüber gesprochen. Und als meine Mitbrüder aus dem Sudan und der Ukraine das Wort ergriffen, erhielten sie danach Beifall, der ihnen unsere Solidarität zeigen sollte und ausdrückte: Wir stehen an eurer Seite!

Thema der Synode ist „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“. Haben Sie diesen Aspekt der Gemeinschaft, der communio, trotz aller Unterschiede zwischen den Bischöfen aus der ganzen Welt gespürt?
Zu Beginn dieser Synode gab es viel Anspannung; man erwartete Spaltungen und Konflikte. Doch der Heilige Geist kam still auf uns herab, um die Gemüter zu besänftigen, um uns zu helfen, uns als Brüder zu sehen und nicht als Feinde. Die dreitägigen Exerzitien zu Beginn haben die Atmosphäre stark verändert. Doch auch die Tatsache, dass wir während der Synode gemeinsam an Tischen sassen und uns anschauten, spielte eine Rolle. Es gab 36 Tische, an denen Menschen verschiedener Nationalitäten sassen. Dort fanden Gesprächsrunden statt, wir hörten einander zu und nachdem jemand gesprochen hatte, schwiegen wir erst einmal, um das Gesagte zu verinnerlichen. Am Ende einer Gesprächsrunde tauschten wir uns aus und stimmten dann ab – in geheimer Wahl, wir fühlten uns absolut frei –, welches Thema wir in der Vollversammlung vorschlagen wollten.

Das bedeutet, dass zahlreiche in den Kleingruppen angesprochene Themen, in der Vollversammlung nicht zur Diskussion vorgeschlagen worden. Führte dies zu Frustrationen?
Wenn wir unseren Mitmenschen wirklich zuhören, wenn wir demütig sind, dann empfangen wir viel, denn der Heilige Geist drückt sich auch durch meinen Mitbruder aus. Wenn wir nicht demütig sind, sind wir frustriert. Ich muss aufhören, mich als Mittelpunkt zu sehen, ich muss mich von meinem Ego lösen: Es gibt schliesslich nicht nur mein Land auf der Welt. Es geht nicht darum, meine Position zu verteidigen. Ich bringe vor, was mich beschäftigt, doch ich höre auch den anderen zu. Die Kirche, das bin nicht ich alleine, das sind wir alle. Wenn wir ein Thema gewählt haben, ist es nicht mehr mein Thema, sondern es ist zu unserem Thema geworden. Wenn wir jedoch wirklich der Meinung waren, dass ein bestimmtes Thema, für das die Gruppe nicht gestimmt hat, angesprochen werden sollte, bestand immer noch die Möglichkeit, es in der Vollversammlung vorzubringen. Doch immer vor dem Hintergrund, dass es die Kirche Christi ist, die wir aufbauen müssen! Nicht meine Kirche. Wir sind keine Gewerkschafter mit Forderungen.

Das, was Sie während der Synode erlebt haben, scheint Sie sehr glücklich zu machen…
Ich fühlte mich danach wirklich bereichert. Und ich habe das Gefühl, dass es für die Kirche ein neues Pfingsten war. Der Heilige Geist hat seine Arbeit geleistet, damit meine Sprache, eine Sprache der Liebe, werden konnte, die von den anderen verstanden wird. Ja, die Sicht der Dinge unterscheidet sich in den verschiedenen Teilen der Welt sehr stark. Doch Christus selbst sprach in seinem Gebet: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin“ (Joh 17, 21). Gott will keine Einförmigkeit, sondern Einheit in der Vielfalt. In der Musik kommt die Harmonie von der Vielfalt. Der Heilige Geist wirkt in uns, damit wir mit ihm im Einklang sind. Es ist wichtig, dass der weltliche Geist uns nicht vom Evangelium entfernt. Unser Bezugspunkt ist nicht die Welt. Wenn wir Licht sein wollen, Sauerteig, dann müssen wir zu Christus gehen, zu seinem Wort. Strömungen ändern sich, doch Christus bleibt derselbe, er ist das Alpha und das Omega.