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  • (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
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Libanon: Die Menschen sind die Zukunft des Landes

Jules Boutros ist mit 39 Jahren der jüngste Bischof der Weltkirche. Er wurde am 18. Juni zum Kurienbischof des syrisch-katholischen Patriarchats von Antiochia geweiht. Die mit Rom unierte Kirche hat ihren Sitz in Beirut, der Hauptstadt des Libanon.

Von seinen Freunden und Bekannten hätten fast alle das Land verlassen. Er aber sei geblieben, ganz bewusst. Jetzt setzt er sich dafür ein, dass sich junge Christen im Nahen Osten gesellschaftlich und politisch engagieren.

Jules Boutros ist der jüngste Bischof der Welt. Im Interview mit ACN spricht der Bischof über die Herausforderungen, vor denen die syrisch-katholischen Christen im Libanon, in Syrien und im Irak stehen, und über seine Enttäuschung über die politische Situation in seinem Land, das drei Monate nach den Wahlen immer noch damit ringt, eine stabile Regierung zu bilden.

Könnten Sie uns etwas zur syrisch-katholischen Gemeinde im Libanon sagen?
Unsere Kirche ist zahlenmässig eine der kleinsten im Libanon und in der Welt. Aber sie ist eine alte Kirche. Sie wurde 1782 im Libanon gegründet und seither gab es hier syrisch-katholische Familien, aber der Grossteil der Gemeinde kam 1915 hierher, nach dem schrecklichen Genozid in der Türkei. Nun sind es ungefähr 4.000 syrisch-katholische Familien, die in erster Linie in Beirut und Umgebung leben. Wir sind ca. 16.000 Gläubige von ungefähr 140.000 auf der ganzen Welt.

Der Libanon hat ein politisches System, das auf konfessionellem Proporz basiert. Fühlt sich die syrisch-katholische Gemeinschaft in diesem System repräsentiert?
Nicht wirklich. Wir sind nicht im Parlament vertreten und es gibt keine Möglichkeiten für syrisch-katholische Männer oder Frauen Spitzenpositionen in Ministerien, in der Regierung oder im Parlament zu erreichen. Als unsere Grosseltern in den Libanon kamen, schlugen unsere Patriarchen vor, dass sie sich eher in Wirtschaft und Handel als in der Politik einbringen sollten. Dementsprechend waren wir in der Politik schon immer schwach vertreten.

Ist dies für Sie als für die Jugendarbeit zuständiger Bischof etwas, das Sie bei den jungen Menschen fördern wollen?
Zum ersten Mal haben drei junge Menschen aus unserer Gemeinschaft sich bei der Wahl als Kandidaten aufstellen lassen. Eine Kandidatin, Cynthia Zarazir, wurde gewählt. Das war eine neue Erfahrung für uns. Wir ermutigen unsere jungen Menschen, sich in der Politik zu engagieren, denn wir sind für unser Land verantwortlich, nicht nur im geistigen, sondern auch im politischen Sinne. Wenn wir von Recht und Gerechtigkeit, Diskriminierung, Frieden und Entwicklung sprechen, müssen wir uns in die Politik einbringen. Wir vertreten nicht mehr die Ansicht unserer altehrwürdigen Patriarchen, dass wir uns einfach um die Geschäfte kümmern sollen.

Ein Teil des Problems im Libanon scheint die Unfähigkeit zu sein, eine funktionsfähige Regierung zu bilden. Gerade gab es Wahlen, haben Sie Hoffnung, dass sich etwas ändern wird?
Ich habe Hoffnung, was den starken Willen der libanesischen Bevölkerung angeht. Was die Politik angeht, habe ich weniger Hoffnung, dass sich etwas ändern wird. Nach der Explosion im Hafen von Beirut hatte ich meine Hoffnung für dieses Land eine Zeit lang verloren. Ich stamme aus diesem Stadtteil von Beirut und für mich war es schrecklich das zu hören, was ich hörte und das zu sehen, was ich sah: die eigene Hauptstadt, das eigene Land, die eigene Heimatstadt völlig zerstört. Von meinen engen Freunden ist niemand im Libanon geblieben, nach der Explosion sind sie alle fortgegangen.

Die Explosion in Beirut hat die Hoffnung in meinem Herzen zerstört, die Hoffnung bezüglich dieser Regierung und dieser Politiker. Aber darin habe ich meine Aufgabe gefunden, den Grund, warum ich lieber im Libanon bleibe und nicht ins Ausland gehe. Die Verhältnisse werden morgen besser sein, aber das wird von der Stimme des Volkes ausgehen, von allen Menschen, denn wir wollen leben und wir lieben unser Land, trotz all der schlimmen Dinge, die wir jeden Tag erleben. Was das angeht, habe ich Hoffnung, ja.

Die meisten syrisch-katholischen Christen im Nahen Osten leben im Irak und in Syrien. Wie sieht ihr Leben jetzt aus?
Die meisten unserer jungen Menschen versuchen, den Irak und Syrien zu verlassen. Sie empfinden es als schwierig, im Irak zu bleiben, da sie das Vertrauen in ihre Regierung verloren und so viel Verfolgung erfahren haben. Mehr als 60.000 Christen mussten die Ninive-Ebene in nur einer Nacht verlassen. Insgesamt mussten über 120.000 Christen nach Kurdistan fliehen, und von dort aus sind sie in den Westen gezogen. Eine ganze Reihe ist zurückgekehrt, und das ist ein gutes Zeichen, denn wir haben eine Aufgabe in diesem Teils des Nahen Osten. Aber viele Familien versuchen weiterhin, das Land zu verlassen.

In Syrien ist es schlimmer, denn der Krieg dauert noch an. Der Militärdienst ist das grösste Problem für unsere jungen Männer, denn man muss 9 oder 10 Jahre lang dienen. Wenn man danach lebend zurückkommt, kann man bei null anfangen. Das ist überall in Syrien so.

Im kurdisch kontrollierten Gebiet ist die Lage noch schlimmer. Unsere jungen Männer müssen beim kurdischen Militär dienen und dann beim syrischen Militär. Darum gibt es in Syrien so wenig junge Männer. Sie verlassen alle das Land. Wenn sie fünf Jahre im Ausland waren und 8.000 US-Dollar zahlen, können sie zurückkehren, ohne den Militärdienst ableisten zu müssen. Wir verlieren eine ganze Generation.

«Kirche in Not (ACN)»  unterstützt die Christen in all diesen Ländern. Haben Sie eine Botschaft für die Wohltäter?
Zuallererst: Vielen Dank! Vielen Dank dafür, dass Sie uns helfen. Wir sind alle eine Familie, ein Leib Christi. Und ich möchte sagen, dass wir den Kirchen, denen es besser geht, vielleicht etwas zurückgeben können, indem wir mit Ihnen den Reichtum teilen, der uns gegeben ist, die Schätze, die in unserer Kultur zu finden sind, unser geistiges Erbe und Vermächtnis. Wir können die Reife teilen, die wir im täglichen Zusammenleben mit Muslimen, mit Drusen, im Angesicht von Krieg, Tod, Instabilität und jeglicher Art von Verfolgung gewonnen haben.

Ihre Spende trägt zum Überleben und zum Einsatz der katholischen Kirchen im Libanon bei und hilft, Christen eine Zukunft in ihrem Land zu bieten, damit sie ihre Heimat nicht verlassen müssen.