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Pakistan: Minderjährige entkommt Zwangskonvertierung

Am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalttaten aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen berichtet «Kirche in Not (ACN)» über den Vorfall der Zwangsheirat der 15-jährigen Saba, der das weit verbreitete Problem der Zwangskonvertierung und -heirat verdeutlicht. Im Jahr 2021 wurden in Pakistan mindestens 78 Fälle von Zwangskonvertierungen gemeldet.

"Meine Schwester und ich hatten uns neue Kleidung gewünscht, aber meine Eltern konnten sie sich nicht leisten. Meine Mutter putzte nur in zwei Häusern. Wir wollten unsere Eltern unterstützen", sagte die 15-jährige Saba dem päpstlichen Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)».

Auf dem Arbeitsweg entführt und zur Heirat gezwungen
Am 5. Mai 2022 wurde sie um 9:30 Uhr auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle (Wohnungsreinigung) von ihrem muslimischen Nachbarn Yasir, einem Bauarbeiter, entführt.
"Er stoppte die Rikscha in einer Straße. Zwei andere kamen mit einem Motorrad. Er schob meine ältere Schwester beiseite und zog mich in die Rikscha. Er legte ein Taschentuch, das mit einer betäubenden Chemikalie getränkt war, auf mein Gesicht", so Saba gegenüber «Kirche in Not (ACN)».
Saba wachte in Gujrat auf, 210 Kilometer nordöstlich von Faisalabad. "Ich habe ihn angefleht, mich zu meinen Eltern zurückkehren zu lassen, und ich habe sogar ein paar Tage lang nichts gegessen, aber er hat nicht nachgegeben", sagt Saba.
Kurz darauf informierte die Polizei von Faisalabad ihren Vater, Nadeem Masih, einen Arbeiter in der Abwasserentsorgung, dass Saba Yasir geheiratet hatte. "Der diensthabende Beamte forderte uns auf, zu gehen und auf den islamischen Ehevertrag zu warten", sagte Masih, der Mitglied der protestantischen Smyrna Church of Pakistan ist.

Altersgrenze für Heirat wird systematisch ignoriert
Religiöse Minderheiten leben in Pakistan nach wie vor in Angst. Die Mehrheit der gewaltsam Konvertierten sind Hindus niedriger Kasten aus der südlichen Provinz Sindh und Christen aus der Provinz Punjab. Örtliche Geistliche stellen dann islamische Eheverträge aus, mit denen die Ehe der Opfer mit ihren muslimischen Entführern formalisiert wird. Armut, mangelnde Bildung und ein niedriger sozialer Status machen minderjährige Mädchen, die einer Minderheit angehören, anfällig für Zwangsheirat und -konvertierung.
Der Child Marriage Restraint Act von 1929 schreibt vor, dass Mädchen nicht vor dem Alter von 16 Jahren und Jungen erst ab 18 Jahren heiraten dürfen. In der Provinz Sindh hat die lokale Regierung 2014 das Alter für beide Geschlechter auf 18 Jahre angehoben und damit die Kinderehe unter Strafe gestellt.
Trotz des Gesetzes werden die Altersgrenzen systematisch ignoriert.  Darüber hinaus gibt es keine Altersbeschränkungen für den Übertritt zum Islam, und von Religionsschulen oder Geistlichen ausgestellte Bescheinigungen werden gerne als Beweis für einen angeblich gültigen Übertritt vorgelegt. Vorfälle von Zwangskonvertierungen und Zwangsverheiratungen finden regelmäßig Beachtung in den Medien, vor allem, wenn das Mädchen minderjährig ist. Obwohl die Eltern bei der Polizei Anzeige erstatten können, gelingt es diesen oft nicht, die Mädchen zurückzuholen, und in vielen Fällen gehen die Eltern aus Angst gar nicht erst zu den Behörden.
Nach Angaben des in Lahore ansässigen Center for Social Justice (CSJ), einer unabhängigen Forschungs- und Interessenvertretungsorganisation, wurden allein im Jahr 2021 mindestens 78 Fälle von erzwungener oder unfreiwilliger Konversion von 39 minderjährigen Hindu- und 38 christlichen Mädchen sowie einem Sikh-Mädchen gemeldet. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der Zwangsheiraten und Zwangskonvertierungen weitaus höher ist.

Verbote von häuslicher Gewalt und Zwangskonversion gescheitert
Mindestens zwei wichtige Gesetzesentwürfe, das Gesetz zur Verhinderung und zum Schutz häuslicher Gewalt (Domestic Violence Prevention and Protection Bill 2020) und das Gesetz zum Verbot von Zwangskonversionen (Prohibition of Forced Conversions Bill 2021), scheiterten im vergangenen Jahr an den Einwänden des Islamischen Rates.
Auf der Suche nach Hoffnung brachten die katholischen Verwandten von Masih die Familie zum Diözesanbüro der Nationalen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (NCJP) der katholischen Bischöfe in Faisalabad, deren Arbeit von «Kirche in Not (ACN)» unterstützt wird, wo die Mitarbeiter ihren Fall dokumentierten und Einzelheiten an das nationale NCJP-Büro in Lahore schickten.
Am 29. Mai erhielt Masih einen Anruf von Yasirs Onkel, der behauptete, seine Tochter sei in der Nähe eines Parks vor dem Polizeirevier Madina Town in Faisalabad ausgesetzt worden.

Mehr Informationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalttaten aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen

Die Kirche in Pakistan nimmt sich der Opfer von Zwangskonversionen und sexualisierter Gewalt an. Ihre Spende kann sie dabei unterstützen.