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  • Bischof Josef Werth, Novosibirsk - Russland
  • Msgr. Bischof Werth in Novosibirsk
  • P. Werenfried van Straaten, eine Ordensfrau aus Russland und Bischof Josef Werth beim Besuch von Kirche in Not (ACN) in Köngistein
  • Feier der Hl. Messe in Russland
  • Msgr. Joseph Werth beim Spenden von Sakramenten.

«Kirche in Not (ACN)»: 30 Jahren Zusammenarbeit mit dem russischen Bischof von Nowosibirsk

Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Die kommunistischen Staatsführungen verloren nach und nach in allen Ländern des Ostblocks ihr Herrschaftsmonopol. Der Ostblock fiel auseinander. Mit Ausnahme der Sowjetunion, in der jedoch bereits der Zersetzungsprozess begonnen hatte. Von März 1990 bis zu ihrem Niedergang im Dezember 1991 erklärten insgesamt 21 Staaten ihre Unabhängigkeit.

Für das weltweite Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)», die seit Jahrzehnten auf eine Entspannung der Lage für die verfolgte und von der Welt weitgehend isolierte Kirche gehofft hatte, bot sich nun ein neues Feld für Hilfsmöglichkeiten und neue Projektpartner; wie Msgr. Joseph Werth, der Bischof von Nowosibirsk in Russland. Maria Lozano sprach mit ihm während seines Besuchs im Hauptsitz des Hilfswerkes über die Anfänge der Zusammenarbeit.

Maria Lozano: Wir haben vor einigen Monaten 30 Jahre Fall der Mauer gefeiert. 1990 war auch entscheidend für Russland und die Arbeit von «Kirche in Not (ACN)» dort. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Besuch bei unserem Hilfswerk?
Msgr. Joseph Werth: Ich kam zum ersten Mal nach Deutschland, genau als die Mauer fiel. Ich erinnere mich, dass ich, um das Visum zu bekommen, mit der KGB sprechen musste. Der Beamte sagte mir: Wissen Sie, Sie fahren in ein kapitalistisches Land, seien Sie vorsichtig. Passen Sie auf, damit sie Sie nicht überzeugen. Als ich fuhr war noch alles so wie es eben bis 1989 war. Dann fuhr ich zu «Kirche in Not (ACN)», am Vortag zum 9. November bin ich mit dem Zug durch Berlin gefahren. Da stand die Mauer noch. Am nächsten Tag war ich auf dem Weg zu «Kirche in Not (ACN)», dann wurde im Fernsehen gezeigt, wie die Mauer fiel. Das war ein ziemlicher Zufall!

Die Kommunikation mit dem Westen war aber bis dahin nicht sehr einfach… Woher kannten Sie das Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)»,?
Im Jahr 1989 kamen bereits einzelne Journalisten bis nach Saratow an der Wolga und dort hat ein katholischer Journalist mir von «Kirche in Not (ACN)» erzählt. Ich hatte gerade in Marx an der Wolga mit dem Bau einer Kirche begonnen, also wollte ich mit denen darüber sprechen. Aber ich selbst habe sie dann nicht fertig gebaut, weil ich von Papst Johannes Paul II. nach Sibirien versetzt wurde. Mein Nachfolger hat sie dann 1991 weiter gebaut.

War diese Kirche Ihr erstes Projekt mit «Kirche in Not (ACN)»?
Nein, das war der erste Besuch bei «Kirche in Not (ACN)», so hat alles angefangen, aber das erste Projekt kam dann später. Da war ich schon in Nowosibirsk, in Sibirien. Ich war Bischof für ganz Sibirien. Der Nuntius hat mich geweiht und dann ging es schon nach Nowosibirsk. Damals gab es noch keine einzige Kirche dort. Wir hatten nichts.

Gab es nichts? Nicht mal eine Pfarrei?
Doch, eine Pfarrei gab es in Nowosibirsk, eine einzige für eine Millionenstadt, eine Metropole. Ich lebte fast zwei Monate als Gast in einer Wohnung, die eine katholische Bewegung gerade gekauft hatte. Wir hatten zu der Zeit noch keine Mittel, keine Beziehungen zu anderen Bistümern in der Welt. Ich war wie ein Schüler in der ersten Klasse, der noch keine Zahl kennt aber Mathematik machen muss und überhaupt keine Ahnung davon hat.

Und dort haben Sie Ihr erstes Projekt mit «Kirche in Not (ACN)» durchgeführt? Erinnern Sie sich daran?
Damals hatten wir noch keine liturgischen Bücher, keine liturgischen Kalender. Es gab überhaupt nichts. Wir hatten einen kleinen Kopierer gehabt, einen auch für ganz Nowosibirsk. Der Pfarrer hatte auch noch ein Faxgerät, das war alles. Wenn man ein Gebet vervielfältigen wollte, dann musste man auf diesem kleinen Apparat eine Kopie machen, dann ein bisschen warten, und dann das nächste machen. Unendlich… Daher war das erste Projekt mit «Kirche in Not (ACN)» ein Risograph, eine Kopier- und Druckmaschine. Ich kann mich noch erinnern, es waren 20.000 Deutsche Mark. Das war damals am Notwendigsten.

Sie kennen «Kirche in Not (ACN)» seit 30 Jahren, wie erinnern Sie sich an die Zusammenarbeit mit unserem Hilfswerk? Hat sich «Kirche in Not (ACN)» sehr verändern?
Na ja, die ersten zwei Jahre gab es ja nur «Kirche in Not (ACN)». Im Jahre 1993 ist dann noch Renovabis, das Hilfswerk der deutschen Bischöfe, entstanden und auch eingestiegen in diesen Wiederaufbau der Kirche in der ehemaligen Sowjetunion. Und das war eine grosse Hilfe. Die Verbindungen mit «Kirche in Not (ACN)» haben wir in all diesen Jahren gepflegt, und die Zusammenarbeit war immer sehr gut.
Aber es stimmt auch, dass früher der Pfeil nach Osten im Logo von «Kirche in Not (ACN)» bedeutender war. Das Hilfswerk hatte auch noch den Begriff „Ostpriesterhilfe“ als Bestandteil seines Namens. Wir, die Priester in der ehemaligen Sowjetunion, haben das gespürt. Wir waren der Partner Nummer eins. Um die Jahrtausendwende hiess das Werk nur noch "Kirche in Not". Bischöfe und Priestern im Osten haben uns wirklich grosse Sorgen gemacht, dachten dass der Pfeil nach Osten auch noch wegkommt. Das hat bei uns fast zu einer Krise geführt. Aber ich muss sagen, diese Sorgen waren letztendlich unbegründet, denn die Zusammenarbeit wurde fortgeführt.

Ihre Diözese hat eine Fläche von zwei Millionen Quadratkilometern. Das ist so viel wie Spanien, Frankreich, Italien, Polen und Deutschland zusammen. Welche sind Ihre grossen Nöte und wie hilft Ihnen «Kirche in Not (ACN)», sie zu lindern?
Meine Diözese  ist riesig; hinzu kommt, dass die Katholiken sind eine „atomisierte“ Gemeinde, wie ich gern sage. Also sie sind überall zerstreut. Sie sind nicht so beweglich, da es kaum öffentliche Verkehrsmittel gibt. Also wir haben höhe Fahrkosten für die Betreuung. «Kirche in Not (ACN)» hilft uns dabei. Auch die Priester und die Ordensleute leben und arbeiten sehr weit auseinander. Sie sind aus vielen verschiedenen Nationalitäten. Es ist sehr wichtig, im Laufe des Jahres Treffen zu organisieren, damit sie sich nicht völlig alleine fühlen.

Bei solchen Distanzen haben Sie sicher schon viele Kilometer auf dem Tacho?
Ich bin schon zwei Mal zum Mond gefahren und zurück! Spas bei Seite, durchschnittlich sind schon 100 000 Km pro Jahr. Wir brauchen „robuste“ Autos, denn im Winter kann bei -40° oder -50° Aussentemperatur eine Autopanne den Tod bedeuten. «Kirche in Not (ACN)» hilft uns auch bei der Anschaffung der Autos, ohne diese Unterstützung wären die pastoralen Reisen nicht möglich.