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  • Bischof Joseph Indrias Rehmat (2. von rechts), Erzbischof Joseph Arshad (3. von rechts), Erzbischof Germano Penemote (4. von links), Großimam Maulana Abdul Khabir Azad (in der Mitte), Erzbischof Sebastian Shaw (4. von links), Bischof Yousaf Sohan von Multan (3. von links), Pater James Channan (2. von links). (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Erzbischof Sebastian Shaw. Besuch der Badshahi-Moschee in Lahore, einem bedeutenden Beispiel der Mogul-Architektur, die zwischen 1671 und 1673 erbaut wurde, und des Sikh-Tempels Gurdwara Dera Sahib, der gegenüber dem Lahore Fort liegt. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Bis zu 15 Kirchengebäude wurden angegriffen und Hunderte von christlichen Häusern zerstört, nachdem die Extremisten randaliert hatten. Der Vorfall folgt auf eine Anklage wegen Blasphemie gegen eine christliche Reinigungskraft, die beschuldigt wird, den Koran entweiht und den Propheten des Islam beleidigt zu haben. Massenflucht, nachdem der Mob Kirchen und Häuser in Jaranwala niedergebrannt hat. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Christlich-muslimischer Dialog in Pakistan. Am 9. November 2023 wurde mit einem Treffen in der Grand Badshahi Moschee in Lahore ein neues Kapitel des christlich-muslimischen Dialogs in Pakistan aufgeschlagen. Treffen. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)

Die Jaranwala-Unruhen markierten einen Wendepunkt für den interreligiösen Dialog in Pakistan

Vor anderthalb Jahrzehnten stiess Erzbischof Sebastian Shaw bei muslimischen Führern auf viel Skepsis und geringes Interesse am Dialog. Nach Jahren des Vertrauensaufbaus, so sagt er, ergriffen die islamischen Führer jetzt selbst die Initiative, um sich für verfolgte Christen einzusetzen.

Der Erzbischof von Lahore, Sebastian Francis Shaw, ist der Ansicht, dass der Druck islamischer Gelehrter wesentlich sei, um die Regierung zu ermutigen, gegen Extremisten vorzugehen, die Christen in Pakistan verfolgen. Bei einem Besuch am Hauptsitz des internationalen Hilfswerks «Kirche in Not (ACN) in Deutschland beschrieb der Erzbischof die Früchte des interreligiösen Dialogs in seinem Heimatland, und berichtet, wie ein jüngster Vorfall der Christenverfolgung einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Islam zu markieren scheint.

Tausende von Christen waren gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen, als ein muslimischer Mob am 16. August in Jaranwala, Faisalabad, randalierte, weil Gerüchte kursierten, zwei christliche Brüder hätten den Koran geschändet. Dutzende von Kirchen wurden in Brand gesteckt und Hunderte von Familien wurden obdachlos, da ihre Häuser geplündert und niedergebrannt wurden. Glücklicherweise wurde niemand getötet, aber die Christen mussten mehrere Nächte auf den Feldern schlafen, da es zu gefährlich war, in ihre Häuser zurückzukehren. „Am nächsten Tag hatten wir eine Pressekonferenz in Lahore mit sechs oder sieben islamischen Führern, den Ulemas, die Mitglieder unserer Dialoggruppe sind. Ich zeigte einem von ihnen die Bilder der auf den Feldern schlafenden Kinder und sagte: ‚Wir sind nur 2 % der Bevölkerung, ihr seid 97 %. Warum tun eure Leute uns das an?‘. Er war sehr aufgebracht, und während der Pressekonferenz wurde er sehr emotional und wandte sich an mich und sagte: ‚Herr Bischof, ich bitte im Namen unseres ganzen Volkes um Verzeihung‘.“

Muslimische Stimmen gegen radikalen Islam
Erzbischof Sebastian Shaw betont, dass die Gründung Pakistans als ein Projekt der Religionsfreiheit gedacht gewesen sei, in dem Nicht-Hindus dem strengen Kastensystem entkommen konnten, das in Indien noch immer herrschte. Die Christen in der Region, in der sich Jaranwala befindet, seien maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass der westliche Punjab dem neu gegründeten Land beitrat. Der Aufstieg des radikalen Islams sei jedoch seit Jahrzehnten ein Problem, und der Regierung fehle oft der Wille, gegen Extremisten vorzugehen, da dies zu Unruhen im ganzen Land führen könne. „Pakistan toleriert jedes Übel, aber das Problem ist, dass dieses Übel dann so gross wird, dass es schwer zu kontrollieren ist. Nach den Unruhen wurden viele Menschen verhaftet, vor allem Mitglieder der extremistischen Partei TLP. Der Regierung fällt es jedoch schwer, sie zu bestrafen, da dies Auswirkungen auf andere Städte haben könnte. Traditionell versuchen sie, eine Versöhnung zwischen den Christen und den Angreifern zu erzwingen, damit wir ihnen verzeihen, und das werden sie vielleicht auch dieses Mal vorschlagen.“

Erzbischof Shaw glaubt jedoch, dass sich die Dinge zurzeit ändern. „Die Stimmen der muslimischen Gelehrten sind sehr wichtig geworden, vor allem dort, wo es für die Regierung und die Streitkräfte schwieriger ist, zu intervenieren. Eines der Ergebnisse unseres Dialogs ist, dass sich viele muslimische Gelehrte zum ersten Mal auf unsere Seite gestellt haben, und sie unterstützen uns immer noch. Ich habe mich beispielsweise mit dem nationalen Führer einer einflussreichen muslimischen Gruppe, der Jamaat-e-Islami, in Jaranwala getroffen. Er hat mir gesagt, dass er die Geschehnisse sehr bedauert, und hat versprochen, die Kinder zu unterstützen, die ihre Schulbücher verloren haben, als ihre Häuser niedergebrannt wurden. Vor zwei Wochen spendeten sie Bücher für 200 Kinder. Dies ist ein Ergebnis unseres Dialogs, und deshalb müssen wir den Dialog stärker fördern.“ Der Erzbischof ist seit vielen Jahren im interreligiösen Dialog stark engagiert. Früher war er Vorsitzender der Kommission für den interreligiösen Dialog der pakistanischen Bischofskonferenz. Jetzt, da er von diesem Amt abgelöst wurde, arbeitet er weiterhin mit den Dutzenden von islamischen Dialogpartnern in seiner eigenen Erzdiözese zusammen und ist ausserdem Mitglied des vatikanischen Dikasteriums für den interreligiösen Dialog.

Schranken abbauen
Anfangs, so sagt er, sei es den Muslimen schwergefallen, das Konzept des interreligiösen Dialogs zu begreifen. „Zunächst lehnten viele Muslime den Dialog ab. Sie sagten, der Islam sei sehr klar: Entweder du bist Muslim oder du bist kein Muslim, da gibt es nichts zu diskutieren. Aber nach mehreren Jahren der Anstrengung haben einige von ihnen jetzt ein Verständnis dafür, was wir tun und was wir gemeinsam erreichen können. Wir haben zum Beispiel gemeinsam das Dokument des Papstes zur Nachhaltigkeit, Laudato Si', studiert. Wenn sie jetzt Vorfälle wie die in Jaranwala sehen, haben viele Muslime das Gefühl, dass dies nicht das Bild Pakistans sein darf.“

Der Erzbischof hofft, dass die Stimmen prominenter muslimischer Führer, die die Verfolgung von Minderheiten in Pakistan anprangern, die Regierung dazu ermutigen werden, Christen und andere Glaubensgemeinschaften zu schützen und diejenigen zu bestrafen, die sie angreifen. Noch wichtiger sei aber, dass die Ulemas endlich selbst die Initiative ergreifen. „Erst letzte Woche hatten wir ein Treffen in unserem Bischofshaus, bei dem zwei Ulemas, darunter der Grossimam von Lahore, sich bereit erklärten, eine interreligiöse Konferenz auf nationaler Ebene in der Bundeshauptstadt Islamabad zu organisieren. Auf diese Weise nehmen sie auch Einfluss auf die Regierung, damit diese sich mehr für den Dialog und eine bessere Gesellschaft in Pakistan einsetzt“, meint er.

«Kirche in Not (ACN) unterstützt seit vielen Jahren den interreligiösen Dialog in Pakistan, einschließlich der Kofinanzierung des christlich-muslimischen Dialogs im "Friedenszentrum" in Lahore und anderer Aktivitäten, um die Bildung zu Frieden, Solidarität und Dialog für junge Menschen zu fördern. Im Jahr 2023 unterstützte das Hilfswerk das Don-Bosco-Fussballturnier in Khuspur, das darauf abzielt, eine Atmosphäre des Dialogs, des gegenseitigen Respekts und des Verständnisses zwischen jungen Menschen in Pakistan aus verschiedenen Religionsgemeinschaften zu fördern, sowie die Teilnahme junger Menschen am Interreligiösen Rat für Frieden und Harmonie in Islamabad.