Skip to navigation (Press Enter) Skip to main content (Press Enter)
  • Eine zerstörte Kirche am 14.08.2021 nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti. (Bild: Kirche in Not (ACN)»)
  • Bischof Pierre-André Dumas, Bistum Anse-à-Veau et Miragoâne, Haiti, am 14.08.2021, vor einer zerstörten Kirche (Bild: Kirche in Not (ACN)»)
  • Kinder auf Haiti (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)
  • Rafael d’Aqui, Projektverantwortlicher zu Haiti «Kirche in Not (ACN)» (Bild: Kirche in Not (ACN)»)

Haiti: „Wir befinden uns noch in der ersten Phase der Soforthilfe“

Die Tatsache, dass Reisen in das Land aufgrund der derzeitigen Unsicherheit nicht möglich sind, verhindert schnellere Fortschritte bei der Hilfe. Das Erdbeben vom 14. August 2021 in Haiti hat das Land in eine Situation extremer Armut geführt. Ausserdem hat sich die Unsicherheit nach der Ermordung des Präsidenten im Juli dieses Jahrs verschärft. In einem Exklusivinterview mit «Kirche in Not (ACN)» erläutert Rafael D'Aqui, Projektleiter für Lateinamerika bei «Kirche in Not (ACN)», die aktuelle Situation im Land und die damit verbundenen Herausforderungen für die päpstliche Stiftung, die sofort Nothilfeprojekte genehmigt hat.

 

Wie hat sich die Situation in Haiti seit dem Erdbeben entwickelt?
Die Lage nach dem Erdbeben ist immer noch schwierig: In einigen Gebieten schlafen die Menschen im Freien oder in Zelten, die Priester in den Häusern der Gläubigen oder in Autos. Es mangelt an Wasser, Strom, Lebensmitteln, Kleidung, Medikamenten... Ein grosser Teil der Bevölkerung ist traumatisiert. Zahlreiche kirchliche Gebäude und diözesane Einrichtungen sind teilweise beschädigt oder sogar vollständig zerstört. Etwa 70 Kirchengemeinden müssen Zelte kaufen, um ihre Arbeit durchführen zu können. Hinzu kommen Unsicherheit und Gewalt, die eine wirksame Hilfeleistung erschweren.

Wie war die Situation vor dem Erdbeben?
In den letzten zwei bis drei Jahren herrschte in dem Land eine Situation der Unsicherheit. Verschiedene Banden kontrollieren die Städte und Strassen, es kommt zu Raubüberfällen und Entführungen in der Bevölkerung, Überfällen auf Lastwagen usw. Diese unsichere Lage verschärfte sich nach der Ermordung des Präsidenten in seinem eigenen Haus Anfang Juli. Darüber hinaus litt das Land bereits unter Regen- und Wassermangel sowie unter extremer Armut, insbesondere in den ländlichen Gebieten.

Wie arbeitet die Organisation «Kirche in Not (ACN)»vor Ort und welche Auswirkungen hat diese Hilfe?
Zunächst hat «Kirche in Not (ACN)» die betroffenen Diözesen um eine Bestandsaufnahme der Situation und der Schäden gebeten, um einen angemessenen Hilfsvorschlag unterbreiten zu können. Anschliessend stellte sie ein Soforthilfebudget für Projekte in Haiti zur Verfügung. In der Diözese Jérémie wurden bereits 134.400 US-Dollar für Soforthilfe (Zelte, Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente usw.) für Priester, Ordensleute und pastorale Mitarbeiter und ihre Familien in 16 Pfarreien genehmigt.

Welche Arbeit hat «Kirche in Not (ACN)»in Haiti noch zu tun?
Im Moment befinden wir uns noch in der ersten Phase, der Nothilfe. Gleichzeitig arbeiten wir an der Festlegung einer Strategie für die zweite Phase, die den Wiederaufbau umfasst. Wir werden dies gemeinsam mit anderen kirchlichen Organisationen tun, die den Wunsch geäussert haben, beim Wiederaufbau des Landes mitzuwirken.
Dies ist nach dem Erdbeben 2010 und dem Hurrikan 2016 das dritte Mal, dass «Kirche in Not (ACN)» und diese Organisationen zusammenarbeiten. Diese zweite Phase erfordert eine technische Bewertung der Schäden und eine Auswahl der Gebäude, die vorrangig wiederaufgebaut werden sollen, was einige Monate in Anspruch nehmen wird. Wir prüfen auch die Möglichkeit, Projekte zu unterstützen, die darauf abzielen, die Wunden und Traumata, die durch die schwierige Situation entstanden sind, im Glauben zu heilen, denn wir müssen den Menschen helfen, wieder Hoffnung zu schöpfen.

Was sind die grössten Hindernisse bei Ihrer Arbeit?
Einerseits ist es aufgrund der unsicheren Lage nicht möglich, in das Land zu reisen, so dass wir die Situation nicht aus erster Hand erfahren können, und die Kommunikation beschränkt sich auf das Internet oder das Telefon. Andererseits ist es eine Herausforderung, in kurzer Zeit eine vollständige Bewertung der Gebäudeschäden vorzunehmen und den raschen Wiederaufbau der Gebäude zu bewerkstelligen, denn es muss sichergestellt werden, dass die Vorschriften zur Erdbebensicherheit und zum Schutz vor Zyklonen eingehalten werden und die Materialien verfügbar sind, die derzeit aufgrund des Mangels vor Ort aus dem Ausland kommen.

Wie wird die Arbeit von «Kirche in Not (ACN)» weitergehen?
«Kirche in Not (ACN)» wird die Kirche in Haiti und die Menschen dort weiterhin durch Gebet und Solidarität unterstützen. Seit Jahren fühlen wir mit diesem Volk, das unter Armut und Verlassenheit, Instabilität und Gewalt leidet, und das im Glauben und in der Arbeit der Ordensschwestern, Priester und Pastoralreferenten eine unvergleichliche und in dieser Zeit unverzichtbare Unterstützung findet.
«Kirche in Not (ACN)» führt derzeit mehr als dreissig Projekte zur Unterstützung der Arbeit der Kirche in Haiti durch.  Unter anderem hat sie soeben eine Soforthilfe für die Verteilung von Zelten, Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten sowie für die dringendsten Reparaturarbeiten an zehn Pfarrhäusern in der Diözese Jérémie genehmigt, um die Koordinierung der sozialen und pastoralen Arbeit der Pfarreien nach dem Erdbeben vom 14. August 2021 in der Diözese sicherzustellen.