Marta Petrosillo, Chefredakteurin des «Kirche in Not (ACN)»-Berichts 2025. (Foto: Gael Kerbaol/Secours Catholique)

Marta Petrosillo, Chefredakteurin des «Kirche in Not (ACN)»-Berichts 2025. (Foto: Gael Kerbaol/Secours Catholique)

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Marta Petrosillo: Chefredakteurin des «Kirche in Not (ACN)»-Berichts „2025 Religionsfreiheit weltweit“ im Interview

Der von «Kirche in Not (ACN)» veröffentlichte Bericht „Religionsfreiheit weltweit“ erscheint am 21.10.2025. Im folgenden Interview erklärt Marta Petrosillo einige Ergebnisse der kommenden Ausgabe.

Für manche ist die Vorstellung, wegen der eigenen Religion zu leiden, etwas sehr Fernes. Ist dies immer noch ein Problem, das viele Menschen betrifft?
Ja, ich würde sagen, dass dies für Hunderte Millionen Menschen weltweit Realität ist. Die Verletzung der Religionsfreiheit betrifft viele Menschen und verursacht grosses Leid, auch wenn dies häufig nicht gesehen wird.

«Kirche in Not (ACN)» veröffentlicht den neuen Bericht "Religionsfreiheit weltweit" am 21.10.2025. Können Sie uns etwas über den Hintergrund dieses Berichts erzählen?
Er wurde erstmals 1999 mit dem Ziel veröffentlicht, auf Verletzungen der Religionsfreiheit aufmerksam zu machen und darüber zu informieren. Er erscheint alle zwei Jahre. Das Besondere daran ist, dass es sich um den einzigen Bericht einer NGO handelt, der die Situation aller Länder weltweit und aller religiösen Gruppen erfasst. Denn, wenn einer Gruppe die Religionsfreiheit verweigert wird, wird sie früher oder später auch anderen verweigert werden. Für «Kirche in Not (ACN)» ist es wichtig, dass alle Menschen die gleiche Religionsfreiheit geniessen.

Der nächste Bericht soll im Oktober veröffentlicht werden. Ist es noch zu früh, um eine Einschätzung darüber abzugeben, ob sich die weltweite Lage seit dem letzten Bericht verbessert oder verschlechtert hat?
Seit der erstmaligen Erscheinung des Berichts hat sich die Lage immer tendenziell verschlechtert, und leider gehen wir davon aus, dass dies auch für die nächste Ausgabe der Fall sein wird, insbesondere in einigen Regionen der Welt.

Was verstehen wir unter religiöser Verfolgung?
Es gibt drei verschiedene Arten religiöser Verfolgung: Erstens die staatliche Verfolgung. Dann gibt es die Verfolgung durch religiösen Extremismus, wie z. B. durch dschihadistische Gruppen, und eine weitere Art religiöser Verfolgung, die durch ethnisch-religiösen Nationalismus verursacht wird.

Welche Länder geben derzeit Anlass zur grössten Sorge?
Einer der Kontinente, auf dem sich die Lage insbesondere in den letzten Jahrzehnten stark verschlechtert hat, ist Afrika, wo wir einen starken Anstieg des religiösen Extremismus beobachten. Viele dschihadistische Gruppen verüben öfter Anschläge, sogar in Ländern, in denen die Beziehungen zwischen den Religionen bisher kein Problem darstellten. Nehmen wir zum Beispiel die Demokratische Republik Kongo: Dort gab es historisch gesehen keine Probleme zwischen den Religionsgemeinschaften, und es ist ein vorwiegend christliches Land, aber jetzt wurden wir Zeugen eines schweren Angriffs auf christliche Gläubige. Zweifellos handelt es sich um ein Phänomen, das sich in vielen Teilen Afrikas ausbreitet und dazu neigt, sich von einem Land zum anderen auszubreiten. Dann haben wir den Fall Burkina Fasos, das vor zehn Jahren als äusserst friedliches Land galt. Heute gehört Burkina Faso leider zu den Staaten, in denen die meisten dschihadistischen Anschläge verübt werden.  
Wir beobachten aber auch eine Verschärfung des ethnisch-religiösen Nationalismus in Asien. Weiter bleibt der Nahe Osten eine sehr instabile Region, was gravierende Auswirkungen auf die Religionsfreiheit hat. Schliesslich beobachten wir ebenfalls eine Zunahme der Verletzungen der Religionsfreiheit in Lateinamerika. 

Stacheldraht - ein Zeichen für Ab- und Ausgrenzung. (Foto: Pixabay)

Stacheldraht - ein Zeichen für Ab- und Ausgrenzung. (Foto: Pixabay)

Die Kirche St. Josef in Zürich - Vandalismus im April 2023. (Foto: ACN)

Die Kirche St. Josef in Zürich - Vandalismus im April 2023. (Foto: ACN)

Das ist kein vielversprechendes Bild... Gibt es denn überhaupt Hoffnung?
Ich sehe eine zunehmende Sensibilisierung sowohl der Zivilgesellschaft als auch einiger Regierungen, und das könnte eine Wende in Bezug auf die Massnahmen gegen Verletzungen der Religionsfreiheit bedeuten. Es gibt Beispiele für Regierungen, die Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit ernennen, und viele zivilgesellschaftliche Organisationen.

Gibt es auch Grund zur Sorge um die Religionsfreiheit im Westen?
In den letzten Jahren haben wir eine Zunahme von Angriffen auf bestimmte religiöse Gruppen, von Vandalismus gegen Kirchen und von antisemitischen und antiislamischen Vorfällen aufgrund des Krieges im Gazastreifen erlebt. Darüber hinaus gibt es Bestrebungen, die Religion aus dem öffentlichen Leben zu verbannen, darunter auch das, was Papst Franziskus als „höfliche Verfolgung“ bezeichnet hat. Wir sind ebenso besorgt über die mangelnde Achtung der Gewissensfreiheit von Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind.

Es besteht die Gefahr, dass einige Länder sich über die Berichterstattung ärgern und Vergeltungsmassnahmen gegen religiöse Gruppen ergreifen. Ist das Anlass zur Sorge?
Der Bericht ist ein Spiegel, der die Lage stets sachlich und objektiv bewertet, und das ist sehr wichtig. Wir geben die Quellen für jeden beschriebenen Vorfall klar an. Natürlich besteht die Gefahr von Vergeltungsmassnahmen, aber wir können nicht schweigen, und ich bin davon überzeugt, dass dies der einzige Weg ist, dass sich etwas zum Besseren ändert. 
Wir hatten Fälle wie den von Asia Bibi, in denen die internationale Gemeinschaft tatsächlich eingegriffen und ihre Freilassung erreicht hat. Ohne dieses Engagement wäre sie wahrscheinlich noch immer im Gefängnis. Auch wenn es sich um ein heikles Thema handelt, müssen wir über die Geschehnisse berichten, wenn wir damit die Situation verbessern können.

Die Menschen werden den Bericht lesen, und werden sich Sorgen um das machen, was in der Welt geschieht. Lässt sich aktiv etwas dagegen tun?
Im Laufe meiner Karriere habe ich viele Menschen interviewt, die wegen ihres Glaubens Gewalt erfahren haben, und sie sagen mir, dass sie nicht vergessen werden wollen. Deshalb ist es so wichtig, ihnen unsere Unterstützung zu zeigen. Das Erste, was Menschen tun können, um zu helfen, ist also, Informationen zu verbreiten und ihr Umfeld, ihre Kollegen und Freunde zu sensibilisieren. Das ist entscheidend, um die Situation zu ändern. Selbstverständlich ist auch Unterstützung durch Gebete und materielle Hilfe wichtig.
Schlussendlich sollten Sie keine Gelegenheit versäumen, sich auf lokaler und nationaler Ebene und auf jede Ihnen mögliche Weise für sie einzusetzen. Denn Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, aber eine gemeinsame Verantwortung. Und es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass dieses wichtige Menschenrecht überall geachtet wird

Zerstörung nach einem Angriff von Dschihadisten in Burkina Faso. (Foto: ACN)

Zerstörung nach einem Angriff von Dschihadisten in Burkina Faso. (Foto: ACN)

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