"Essen auf Rädern" für alte und verlassene Menschen (Foto: ACN)
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Hanna Jallouf, heute Bischof der lat. Katholiken in Syrien, kennt die Situation in der Provinz Idlib, der letzten Rebellenbastion, sehr gut - er war dort 22 Jahre lang als Seelsorger tätig.
Bischof Hanna Jallouf (Foto: ACN)
Im Gespräch mit einer «Kirche in Not (ACN)»-Delegation berichtet der Franziskaner von den Herausforderungen für die dort verbliebenen Christen.
„Von den rund 10 000 Christen, die vor dem Krieg in der Provinz Idlib lebten, sind heute nur noch etwa 650, hauptsächliche ältere Menschen in ländlichen Gebieten, übriggeblieben“, erklärt Bischof Hanna Jallouf einer Delegation von «Kirche in Not (ACN)», die ihn in Damaskus trifft. „Nachdem die Dschihadisten in den ersten Jahren des Krieges die Kontrolle über das Gebiet übernommen hatten, ist die Mehrheit der Christen aufgrund der schweren Lebensbedingungen geflohen.“
Die Provinz Idlib nahe der Grenze zur Türkei war über Jahrhunderte hinweg überwiegend von Christen bewohnt, doch während des Krieges wurde sie zur Hochburg der regierungsfeindlichen Rebellen – und ist es bis heute geblieben. Während des gesamten Krieges, der 2011 begann, war Pater Jallouf bei den Menschen geblieben. Am 5. Oktober 2014 wurde der Franziskaner und damalige Pfarrer des syrischen Dorfes Knayeh in der Provinz Idlib zusammen mit etwa 20 Gemeindemitgliedern von islamistischen Kämpfern der al-Nusra-Front entführt und fünf Tage lang gefangen gehalten.
Heute, zehn Jahre später, ist er Apostolischer Vikar von Aleppo für die lateinischen Katholiken in ganz Syrien. „Wahrscheinlich hat mich Papst Franziskus zum Bischof ernannt, weil ich die Lage hier sehr genau kenne“, erklärt Jallouf, der als erster Syrer in dieses Amt berufen wurde. „Während des ganzen Krieges stand ich als Gemeindeseelsorger in Kontakt mit den Rebellengruppen und habe immer wieder mit ihnen verhandelt. Und das mache ich auch weiterhin.“
Der Respekt von Seiten der Rebellen ist in einem Land, das im Nordwesten immer noch von den islamistischen Milizen kontrolliert wird, von grosser Bedeutung. Das christliche Leben ist dort stark eingeschränkt. Dem Bischof zufolge ist es ausserhalb der Kirche den Christen verboten, öffentlich ihren Glauben zu leben oder Zeichen des Christentums wie Statuen oder Kreuze anzubringen.
Mit der Eskalation des Krieges waren alle christlichen Lehrer von ihren Posten abgezogen worden, was dazu führte, dass viele christliche Familien ihre Kinder von den Schulen nahmen. „Jetzt unterrichten sie ihre Kinder zu Hause, um den Anschein einer christlichen Schulversammlung zu vermeiden“, erklärt der Bischof gegenüber «Kirche in Not (ACN)». Für das Abitur müssten die Jugendlichen jedoch in andere Gouvernements wie Aleppo und Hama reisen, um die Prüfungen abzulegen. Die Kosten für den Transport und die Unterbringung seien horrend – circa 3.000 Dollar pro Person.
Auch in den anderen Teilen Syriens ist die christliche Präsenz stark bedroht. Zahlreiche christliche Familien haben das Land verlassen, um in Europa, Kanada und Australien ein besseres Leben zu suchen. 13 Jahre Krieg, eine extrem hohe Inflation und bittere Armut haben das Land ausgemergelt. Schätzungen zufolge lebt 90 % der syrischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. In Aleppo und Hassakeh ist die Auswanderung so hoch, dass es dort laut einer örtlichen Quelle bis 2050 keine funktionsfähige christliche Gemeinschaft mehr geben wird.
beschädigte Häuser nach dem Erdbeben vom 6. Februar 2023 (Foto: ACN)
Bischof Jallouf, einst ein „einfacher Pfarrer“, wie er sich selbst bezeichnet, möchte den Menschen auch als Bischof nahe sein. Eine seiner Prioritäten seit seiner Ernennung ist es, alle Pfarreien, Kongregationen und katholische Einrichtungen des lateinischen Ritus im ganzen Land zu besuchen, um die Bedürfnisse vor Ort direkt kennenzulernen. Bischof Jallouf freut sich auf die Zusammenarbeit mit «Kirche in Not (ACN)». Das internationale Hilfswerk ermöglichte in diesem Sommer über 1500 Kindern und Jugendlichen des lateinischen Ritus Sommerfreizeiten und half nach dem verheerenden Erdbeben im Norden Syriens 2023 beim Wiederaufbau einer Kirche in Idlib und von 50 Häusern für christliche Familien der lateinischen Gemeinde. Auch unterstützte es Nothilfeprojekte wie „Essen auf Rädern“ für alte und verlassene Menschen.
„Zehn Jahre sind seit meiner Entführung vergangen, und wir hoffen, dass sich die letzten Jahre nicht wiederholen werden. Wir vergeben, aber wir vergessen nicht, so hat uns Christus gelehrt“, erklärt der Bischof. „In diesen Tagen bete ich zu Gott um Barmherzigkeit, Vergebung und Befreiung vom Krieg und um die Wiederherstellung von Frieden, Harmonie, Stabilität und Wohlstand in diesem verwundeten Land. Wir hoffen, dass es mit der Fürsprache der Gottesmutter Maria, unserer treuen Märtyrer und aller Heiligen wieder zu einem Land der Liebe, des Respekts, der Vergebung und der Koexistenz zwischen den verschiedenen Gemeinschaften und Religionen wird.“
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